Ernst Zahn

Folgendes, von Ernst Zahn (1867-1952) verfasstes Gedicht, illustriert für mich den Geist und Antrieb meiner Arbeit.

Sie kommen und gehen,

Flüchtig nur

Trägt eine Scholle

Ihre Spur.

Ihres Wandelns

Begebenheit

Verweht

Der Sturm der Zeit.

So stark diese Arbeit in einer spezifischen Bergregion verwurzelt ist und uns einen Einblick in das vergangene Leben dieser Alp gibt, vermag sie, meiner Meinung nach, darüber hinaus, dem Zuschauer eine Einsicht in das Wesen seiner eigenen menschlichen Existenz und Vergänglichkeit zu verschaffen, denn, wie es der Dichter im obigen Gedicht so passend formuliert hat, nagt der Zahn der Zeit unerbittlich weiter, und wir und die Spuren unseres Wandelns werden vom Sturm der Zeit unausweichlich weggeweht. Wir alle warten sozusagen auf die Guillotine, tragen alle die Schlinge der Zeit um unseren Hals. In diesem Sinne sind wir alle im unerbittlichen Durchlauf der Zeit gefangen.

Was bleibt von dieser menschlichen Existenz übrig, nachdem der Tod sie eingeholt hat? Die Projektarbeit lotet diese Frage aus, lotet sozusagen die Grenzen der Menschlichkeit aus. Zeitzeugnisse, Fotos und Erinnerungen in Form mündlicher Aussagen der Ehemaligen bleiben als hör- und sichtbare Spuren der alten Göscheneralp und ihrer Einwohner und Einwohnerinnen zurück, sind wir gewillt, diesen zu zuhören oder diese anzuschauen. Doch die Welt um uns herum, so wie wir sie kennen gelernt haben, zerfällt, ob wir dies nun wollen oder nicht. Die Natur begegnet unserem Wesen mit einer überwältigenden Gleichgültigkeit und Stille.  Unerbittlich und still geht sie ihren Weg weiter. Ein Gewissen oder Mitgefühl kennt sie nicht. Zerstörung, Umwälzung, Tod  und die daraus entstehende Erneuerung in der Form neuen Lebens sind die gemeinsamen Nenner des menschlichen Lebens und dessen unumgängliche Bestimmtheiten. Der Mensch ist dazu verdammt, dieser Situation ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Sozusagen ein von Anfang an Verurteilter auf Raten. Wissenschaften, Vernunft und moderne Physik können dieses Dilemma des Menschen nicht lösen. Sie tragen höchstens zu einem gesteigerten Verständnis unserer Ohnmacht bei.

Martin Steiner